Stolpersteine in Quickborn

Stolpersteine ist ein Projekt des Kölner Künstlers Gunter Demnig. Seit 2009 wurden acht Stolpersteine bei uns in Quickborn verlegt.

"Auschwitz war der Ziel- und Endpunkt, aber in den Wohnungen und Häusern begann das Unfassbare, das Grauen, daher soll auch dort an die Opfer erinnert werden" (Gunter Demnig)

Gunter Demnig

Was sind Stolpersteine?

 

Stolpersteine sind im Bürgersteig verlegte Pflastersteine, auf deren Kopfseite eine 10 x 10 cm große Messingplatte angebracht ist. Die Steine erinnern an Menschen, die von den Nationalsozialisten verfolgt wurden und dabei zu Tode gekommen sind. Auch bei uns in Quickborn.


Der Kölner Künstler Gunter Demnig erinnert an die Opfer der NS-Zeit, indem er vor ihrem letzten freigewählten Wohnort Gedenktafeln aus Messing in den Bürgersteig einlässt.


Indem wir dem Motto von Gunter Demnig "Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist" gefolgt sind, wurden in Quickborn für acht Opfer Stolpersteine verlegt.

8 Stolpersteine für NS-Opfer in Quickborn

Ihre Namen und Schicksale

HIER ERMORDET

PAUL WARNECKE

JG. 1914

VON SA

ERSCHOSSEN 5.3.1933


(Inschrift auf dem Stolperstein für Paul Warnecke, verlegt im Harksheider Weg, am Birkenwäldchen


Paul Warnecke war gelernter Schlosser und gehörte der kommunistischen Partei, sowie einer kommunistischen Häuserschutzstaffel an, die ab 1932 im Reichsgebiet gegründet wurden, um sich vor Übergriffen der SA zu schützen. 

Ihnen gegenüber standen die Streifen des "Haus- und Werkschutzes" der Nationalsozialisten.

In der Nacht zur Reichstagswahl am 5.3.1933 trafen beide Gruppen aufeinander.

Nach einer Aufforderung, stehen zu bleiben, flohen die unbewaffneten Kommunisten. Daraufhin wurden mehrere Schüsse auf sie abgeben. Einer davon traf den 19-jährigen Paul Warnecke tödlich.


HIER WOHNTE

RICHARD WEISE

JG. 1889

VERHAFTET MÄRZ 1937

BUCHENWALD

"VERLEGT" 15.7.1941

PIRNA-SONNENSTEIN

ERMORDET 15.7.1941

AKTION T4


(Inschrift auf dem Stolperstein für Richard Weise, verlegt im Lerchenweg / Höhe Grandweg, Quickborn-Heide)


Richard Weise wurde von den Nationalsozialisten als "Berufsverbrecher" eingestuft. Grundlage hierfür lieferte das "Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher".


Er war Redakteur und freier Schriftsteller, ein unangepasster Mann. Er verlor seine Arbeit, wurde kränklich und galt dann als "Arbeitsscheuer".


Richard Weise wurde nach über 4 Jahren aus dem KZ Buchenwald in die "Euthanasie"anstalt Sonnenstein bei Pirna gebracht und dort am 15. Juli 1941 ermordet.


HIER WOHNTE

MAGDA JANZEN

JG. 1913

PATIENTIN IN

VERSCHIEDENEN HEILANSTALTEN

"VERLEGT" 31.7.1941

HEILANSTALT BERNBURG

ERMORDET 31.7.1941

AKTION T4


(Inschrift auf dem Stolperstein für Magda Janzen, verlegt in der Kieler Straße 138 


Magda Janzen, geb. am 4.9.1913 in Hamburg-Schnelsen, lebte mit ihrer Mutter und ihren beiden Schwestern in Quickborn in der Kieler Str. 138. Aufgrund einer psychischen Erkrankung befand sie sich vermutlich mehrmals in stationärer Behandlung, zuletzt ab Februar 1934 in der Landesheil- und Pflegeanstalt bei Neustadt in Holstein.


Von hier aus wurde Magda Janzen Mitte Juni 1941 für wenige Wochen in die Zwischenanstalt Königslutter überführt und anschließend am 31.07.1941 mit 31 anderen Patienten in die „Euthanasie“- Anstalt Bernburg „verlegt“. Sie wurde wie alle anderen Patienten am Tage der Einlieferung durch Kohlenmonoxidgasvergiftung ermordet.


Magda Janzen wurde nur 27 Jahre alt. Ihre Urne wurde am 03. 09.1941 auf dem Quickborner Kirchfriedhof beigesetzt.


HIER WOHNTE

MARTHA WEIDMANN

GEB. JAEKEL

JG. 1902

SEIT 1933 PATIENTIN

IN VERSCHIEDENEN HEILANSTALTEN

"VERLEGT" 22.6.1943

HADAMAR

ERMORDET 2.7.1943


(Inschrift auf dem Stolperstein für Martha Weidmann, verlegt in der Heinrich-Lohse-Straße 5)

Martha Weidmann, geborene Jaekel, wurde am 18. Juni 1902 als Kind einer Arbeiterfamilie in Altona geboren. Mit 26 Jahren heiratet Alfred Weidmann, der in Hamburg eine Schneiderei betrieb. Martha Weidmann litt seit Anfang der 30er Jahre an einer psychischen Erkrankung. Als der Ehemann aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigung seiner Frau die Ehe annullieren ließ, wurde Martha Weidmann von ihren Eltern in Hamburg-Barmbek aufgenommen. Im Juni 1938 verzog die Familie nach Quickborn in die HeinrichLohse-Straße.


Die mit Unterbrechungen verlaufende Erkrankung führte zu mehreren Klinikaufenthalten, zuletzt ab dem Jahr 1940. Einen Tag nach dem Tod ihres Vaters, wurde Martha Weidmann am 22. Februar 1940 verwirrt in Hamburg St. Georg aufgegriffen und in die Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn gebracht. Erfolglos bemühte sich die Mutter, ihre Tochter in häusliche Pflege zu nehmen.


Die Anstalt Langenhorn diente damals im Hamburger Raum als Drehscheibe der „Euthanasie“-Transporte. Über 2.600 Psychiatriepatienten wurden von hier aus in verschiedene „Heilanstalten“ Deutschlands „verlegt“ und haben die Zeit des Nationalsozialismus nicht überlebt. Zu diesen ermordeten Menschen gehörte auch Martha Weidmann.


Sie wurde zusammen mit 49 anderen Patientinnen am 22. Juni 1943 in die Heil- und Pflegeanstalt Hadamar „verlegt“, wo sie zehn Tage später offiziell an einer Lungenentzündung verstarb. Die Urne der Ermordeten wurde am 2. September 1943 auf dem Quickborner Nordfriedhof beigesetzt.


HIER WOHNTE

PAUL THOMSEN

JG. 1908

SEIT 1934 VERSCHIEDENE HEILANSTALTEN

"VERLEGT" 21.11.1941

HEILANSTALT TIEGENHOF

ERMORDET 14.5.1944


(Inschrift auf dem Stolperstein für Paul Thomsen, verlegt in der Kieler Straße 157


Paul Thomsen wurde am 24.12.1908 in Barmstedt geboren. Er erlernte das Schlachterhandwerk. 1929 zog er zu seinen Eltern nach Quickborn. Im Sommer 1934 erkrankte Paul Thomsen plötzlich und kam ins Kreiskrankenhaus Pinneberg. Dort stellten sich Erregungserscheinungen ein, wie sie für die Erkrankung Schizophrenie kennzeichnend sind. Dies führte am 10.07.1934 zu seiner Verlegung in die Landes-Heil-und Pflegeanstalt Neustadt, eine öffentliche Pflegeanstalt für Menschen mit psychischen Erkrankungen. Die Ärzte der Heilanstalt sahen in Paul Thomsen einen „Erbkranken“ und erwirkten einen „rechtskräftigen“ Sterilisierungsbescheid, um nach der NS-Logik nachfolgende Generationen nicht mit dem Nachwuchs psychisch kranker Menschen zu „belasten“.


Nach seiner Entlassung aus der Landesheilanstalt Ende 1934 wurde Paul Thomsen im Mai 1941 wieder in Neustadt aufgenommen, nachdem erneut die Erkrankung ausgebrochen war. Im September 1941 begann mit der sog. „Aktion Brandt“ von hier aus die „Verlegung“ von Menschen mit psychischen Erkrankungen oder Behinderungen, um Platz für kriegsversehrte Personen zu schaffen.


Am 28. Sep. 1941 wurde Paul Thomsen in die bereits überfüllte Heilanstalt Neuruppin gebracht und von dort am 21. Nov. 1941 in die Gauheilanstalt Tiegenhof. Er starb hier am 14. Mai 1944 im Alter von 35 Jahren.


HIER WOHNTE

HERMANN HINRICHS

JG. 1878

VERHAFTET AUG. 1944

NEUENGAMME

ERMORDET 18.11.1944


(Inschrift auf dem Stolperstein für Hermann Hinrichs, verlegt in der Fritz-Reuter-Str. 3)

Hermann Hinrichs war ein pensionierter Sozialdemokrat und Gewerkschafter. Er engagierte sich im Siedlerverein Quickborn-Heide, beteiligte sich am gesellschaftlichen Leben der damaligen Dorfgemeinschaft Quickborn. Politisch ein harmloser Mensch. Ein Enkel schilderte, dass sein Großvater nach 1933 keine Kontakte zu aktiven Nazigegnern mehr hatte, das Nazisystem aber scharf ablehnte und dies auch im vertrauten Kreise ausdrückte. "Er nahm kein Blatt vor den Mund"


Sein Tod ist als Folge des Attentates auf Hitler zu sehen. Zur Abschreckung und aus Rache beschlossen die Nationalsozialisten die "Aktion Gewitter", eine willkürliche Massenverhaftung, insbesondere von Mitgliedern der SPD und Gewerkschaften.


Auch Hermann Hinrichs war von dieser Aktion betroffen. Im August 1944 wurde er verhaftet und starb am 18.11.1944 offiziell an Herzversagen. Es ist mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass er im KZ Neuengamme ermordet wurde oder an den Folgen unmenschlicher Behandlung starb. Hermann HInrichs wurde 66 Jahre alt.  


HIER WOHNTE

MAX KELLERMANN

JG. 1897

MEHRMALS VERHAFTET

KZ-AUSSENLAGER

FINKENWERDER

TOT 31.12.1944


(Inschrift auf dem Stolperstein für Max Kellermann, verlegt in der Friedrichsgaber Straße 37)

Max Kellermanns Geschichte ist die Geschichte eines Mannes, der immer wieder in Konflikt mit den Machthabern geriet.

Der ehemalige Polizist beschwerte sich im August 1933, nach der Durchsuchung seines Hauses durch die SA beim Amtsvorsteher, von der SA mißhandelt worden zu sein. Es folgte eine Denunziation durch eine Hausfrau, infolge dessen er in "Schutzhaft" genommen wurde, gegen die er widerum einen Beschwerdebrief schrieb. 1937 folgte eine weitere Haftstrafe wegen Beleidigung eines Beamten. Auch dagegen legte er Berufung ein, was seine Haftstrafe nur verlängerte.


Er wurde wegen "kommunistischer Umtriebe" und "Verunglimpfung der nationalsozialistischen Bewegung" verprügelt und verhaftet. Max Kellermann ließ sich nicht einschüchtern und er hörte nicht auf, seine Rechte einzufordern. Daraufhin wurde er von der Hamburger Gestapo verhaftet und in das KZ Neuengamme überführt.


Er starb am 31.12.1944 im KZ Außenlager der Deutschen Werft in Hamburg-Finkenwerder im Alter von 46 Jahren. War es Naivität oder Mut, die ihn so handeln ließen? Wir wissen es nicht.

HIER WOHNTE

JAN SODCZYK

JG. 1924

VERHAFTET MÄRZ 1945

ARBEITSLAGER KIEL

TOT AN HAFTFOLGEN

20.4.1945


(Inschrift auf dem Stolperstein für Jan Sodczyk, verlegt in der Friedenstraße 10

Jan Sodczyk wurde im polnischen Baranow geboren, und kam als 18-jähriger zur Zwangsarbeit auf den Hof des Landwirtes und Amtsvorstehers Wilhelm Kolz in Quickborn-Renzel. Dort legte er lt. Kolz ein "tadelhaftes Verhalten" an den Tag, indem er z.B. Karten spielte und heimlich das Fahrrad des Amtsvorstehers benutzte, was diesem gar nicht gefiel.


Kolz informierte nach einigen weiteren Vorkommnissen die Aufsichtsbehörde für Kriegsgefangene über Sodczyks Verhalten. Der wurde im Februar 1945 von der Gestapo abgeholt und in das Arbeitserziehungslager Nordmark in Kiel gebracht. Dort verschlechterte sich sein Gesundheitszustand rapide. Nach 6 Wochen wurde er in schlechter körperlicher Verfassung wieder zurück nach Renzel entlassen. 


 Da sich sein Zustand nicht besserte, wurde er Mitte April 1945 in das Kreiskrankenhaus Pinneberg eingeliefert, wo er schon am darauffolgenden Tag im Alter von 20 Jahren an "allgemeiner Schwäche und Kräfteverfall" starb. 



Share by: