100 Jahre Zwangsarbeit im Himmelmoor


Darstellung der Zwangsarbeit von der Kaiserzeit bis zum Zweiten Weltkrieg und auch noch in der Nachkriegszeit

Zwangsarbeit im Himmelmoor hat es lange vor dem Zweiten Weltkrieg gegeben. Angefangen von den Wanderarbeitern in der Kaiserzeit über russische Kriegsgefangene im 1. Weltkrieg und dem vermehrten Einsatz von Strafgefangenen vor dem Zweiten Weltkrieg bis zum Einsatz von Kriegsgefangenen im Zweiten Weltkrieg und in die Nachkriegszeit reicht die lange Geschichte der Zwangsarbeit im Himmelmoor.

Zwangsarbeit in vier politischen Systemen

In der Kaiserzeit

Die Quickborner haben in den das Dorf umgebenden Mooren - Himmelmoor, Holmmoor und Bredenmoor - schon früh Torf gestochen als Brennmaterial für den eigenen Bedarf.

1871 begann die gewerbliche Torfgewinnung. Torfabbau war bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts eine körperlich sehr anstrengende Arbeit, die zunächst rein manuell ohne technische Unterstützung durchgeführt wurde. Die Torfwerksbetreiber hatten daher große Probleme, ausreichend Beschäftigte für diese schwere Tätigkeit zu finden. Sie blieben bis zum Beginn des 1. Weltkrieges auf Wanderarbeiter angewiesen. 

Im Ersten Weltkrieg

Im 1. Weltkrieg begann der Einsatz von Strafgefangenen aus Zuchthäusern und Gefängnissen der näheren und weiteren Umgebung (Hamburg, Rendsburg, Neumünster). In den beiden Weltkriegen werden dann Kriegsgefangene verschiedener Nationen zum Torfabbau herangezogen.


1915 wurden von der Königlichen Mooradministration Lentföhrden zur Unterbringung von 66 Strafgefangenen und für den Torfwerksbetrieb drei baugleiche Gebäude am südlichen Rand des Himmelmoors gebaut. (Backsteingebäude, die auch Kolonistenhäuser genannt wurden, eines davon als Gefangenenhaus.)

In der Folge entstand im Himmelmoor ein Komplex aus mehreren Baracken und Wachtürmen, in denen 500 russische Kriegsgefangene untergebracht waren. Sie leisteten Zwangsarbeit im Himmelmoor.


Zwischen den Kriegen

Nach dem 1. Weltkrieg schloss der Pächter "Gewerkschaft Hausbach III" einen Vertrag mit der Strafvollzugsanstalt Rendsburg, um die Versorgung mit Arbeitern zur Torfgewinnung zu gewährleisten.


1936 ließ der damalige Torfwerkbetreiber „Gewerkschaft Hausbach III“ als Erweiterung des Gefangenenlagers ein weiteres Gebäude auf dem Torfwerksgelände errichten, das unsere Gedenkstätte werden wird. Dieses Gebäude-Ensemble ist noch original vorhanden. Die Stadt Quickborn hat die unter Denkmalschutz stehenden Gebäude im Dezember 2019 von den Schleswig-Holsteinischen Landesforsten erworben.


Im Zweiten Weltkrieg

Dann begann am 1. Sep. 1939 der Zweite Weltkrieg. Aufgrund der hohen Verluste bei den Feldzügen der Wehrmacht wurden immer mehr Strafgefangene als Soldaten eingesetzt und immer weniger an die Gefangenen-Außenarbeitsstelle Himmelmoor verlagert.

Deshalb wurden ab 1940 Kriegsgefangene zum Torfabbau eingesetzt. Es handelte sich überwiegend um Russen, die aufgrund der unzureichenden Ernährung und der langen Märsche sehr entkräftet waren, aber auch um Franzosen, Polen und ab 1942 um Juden. Die Juden wurden  in dem Erweiterungsbau von 1936 untergebracht. Er eignete sich aufgrund seiner Lage sehr gut, sie von allen anderen Gefangenen zu isolieren. Das Gebäude war von Stacheldraht umzäunt, das Gelände ausgeleuchtet und schwer bewacht. 

Etwa 50 Juden lebten unter erbärmlichen Verhältnissen bis zum Kriegsende in dem Haus.


In der Nachkriegszeit

Der Einsatz von Strafgefangenen, zuletzt aus der Justizvollzugsanstalt Neumünster, endete Mitte der 1990-er Jahre.  

Fundamente der Holzbaracken und Wachtürme sind noch vorhanden und geben eine Vorstellung von der Größe des Zwangsarbeiterkomplexes im Himmelmoor.

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